» Hätte ich keine Bücher zu schreiben: ich wäre der beste Ehemann. «

» Er ist ein besonderer Freund
       – von Feinden. «

     » Die Poesie ist die Aussicht
aus dem Krankenzimmer des Lebens. «

» Die Tat ist die Zunge des Herzens.«

» Weiber sprechen lieber von,
          Männer in der Liebe. «

» Entwirf beim Wein,
         exekutiere beim Kaffee. «

» Die Bücher sind die
        stehende Armee der Freiheit. «

» Ein Rathhaus gehört zum Hausrath
       einer Stadt. «

» Unter Denken eines bösen Gedankens
     auf der Gasse ehrerbietig gegrüßt werden. «

» Die größten Städte und Genies
sind unregelmäßig gebauet,
voll Sackgassen und Paläste. «

» Man kommt leichter zu jedem
     andern als zu sich. «

» Jeden Tag
     mache dich auf viele Wunder gefaßt. «

» Man verdirbt unter Leuten,
die einen nicht übertreffen. «

» Eine Blattlaus hat mehr Ahnen
   als ein Elephant. «

» Bei Gott, alle Welt spricht,
und niemand kommt zu Wort. «

» Die Blumen schlafen,
         aber nicht das Gras. «

» Bücher sind nur dickere Briefe an Freunde. «

» Niemand hat weniger Ehrgefühl
      als eine Regierung. «

» Eine Demokratie ohne ein paar hundert Widersprechkünstler ist undenkbar. «

» Nichts ist fataler, als wenn gerade
die letzte Flasche altes Bier schlecht ist. «

» Was alles Böses gegen das Bier
     bei Philosophen gesagt wird,
         gilt nicht bei mir. «

» Ich merke Namen so wenig,
daß ich oft vor dem Spiegel frage,
wie heißt der darin? «

» Ein Kind sei euch heiliger als die
   Gegenwart, die aus Sachen
     und Erwachsenen besteht. «

» Das Paradies verlieren
und den Paradiesvogel behalten. «

» Auf der Welt ist alles natürlich,
       ausgenommen die Welt selber. «

     » Manches »Gesuchte« wäre es nicht,
        wenn der Verfasser mehr suchte. «

Jean Pauls ICH-Suche - Schritte (2)

 

 

von Ortwin Beisbart

 

Übersicht und Struktur des Materials zu "Jean Pauls Ich-Suche - Der Mensch als Titan"

Texte "Jean Pauls Ich-Suche - Der Mensch als Titan"

Zur Textübersicht

Hinweise und Literatur

 

E 2/1 Einführung

In Jean Pauls Nachdenken und Dichten begegnet ihm und seinen Lesern lebenslang eine brennende Frage:

Wer bin ich?
Was bedeutet es, „Ich“ sagen zu können?
Was heißt es, ein (unverwechselbares) Ich sein zu wollen?

Modern gesprochen: Jean Paul stellt die Frage nach der eigenen Identität.
Wer sie stellt, erfährt sich zwar anders als die anderen, insofern als unverwechselbares Ich, im-mer aber auch im Gegenüber zu anderen Menschen, im Zweifel über und im Vertrauen auf sich selbst – und im Gegenüber zu einem Größeren: Viele suchen dieses Größere in der Natur, in der Geschichte der Völker, in einem unerkennbaren Schicksal oder im Gegenüber zu einer „Gottheit“ oder zum sich offenbarenden Gott der Bibel.

So wird aus der persönlichen Frage, die sich eigene Antworten sucht, auch eine philosophische, anthropologische, ethische, religiöse, ja theologische. Und Dichter haben mit ihrer Poesie immer Wege erprobt, dieser Bestimmung nicht allein mit Argumentation und Logik, sondern in sprachlichen Bildern und Geschichten auf die Spur zu kommen.

Im Verlaufe der hier vorliegenden Themenerschließung können Sie dem Dichter und Denker
Jean Paul folgen, einem Autor, der unverwechselbar der Frage in vielen Formen des Denkens und Dichtens nachgegangen ist. Es soll aber auch deutlich werden, dass die Frage bis heute aktuell bleibt.

Im Mittelpunkt wird Jean Pauls großer Roman „Titan“ stehen, sein „Kardinalroman“. Aber die Frage beginnt beim kleinen Johann Friedrich Richter, der sich hier „Hans Paul“ nennt, etwa im Jahr 1767, als er als Sohn eines Dorfpfarrers in Joditz nördlich von Hof lebte.
Sie können sich zuerst mit der Inhaltsübersicht orientieren Text 1 und dort einsteigen, wo-für Sie sich besonders interessieren. Ein  strikt durchzuhaltender Verlauf ist nicht zwingend.

Vorgeschlagen wird, mit einem kleinen Text Jean Pauls über den jungen Johann Friedrich Richter lesen. Besonders zugänglich wird uns die Frage nach dem Ich über eine Szene aus seiner Kindheit in seiner Selberlebensbeschreibung, die er zwischen 1813 und 1819 notierte – aufgeschrieben im Anschluss an die Erarbeitung seiner großen Romane. Seine subjektive Erinnerung an sein „inneres Gesicht“ als Kind, ‚Ich bin ein Ich’, ist für ihn der Anfang seines philosophischen Nachdenkens und seines Dichtens. Text 2

 2/2  „Ich bin ein Ich“. Könnte es nicht auch heißen „Ich bin Ich“?

Es könnte ein Unterschied sein, welche Formulierung man wählt. Auf jeden Fall aber wächst sich die Frage bei genauerem Nachdenken aus zu der umfassenderen:

Was ist der Mensch?

Lesen Sie sich ein wenig in die wirre Vielstimmigkeit der Aussagen ein, wie sie sich in unter-schiedlichen Zeiten Gehör verschaffen wollten. Achten Sie dabei
1. auf die Stellung des Ich in einem gedachten „Koordinatensystem“, im „Gegenüber“ oder in „Einheit mit“: Anderen – Welt: Natur, Volk, Menschheit – einem Jenseits, Gott…
2. auf die Folgerungen für das Ich, für den Einzelnen. Ist er Herr seiner selbst, ist er frei, ist er zu etwas verpflichtet, verantwortlich für etwas?  Text 3 Sätze über den Menschen


2/3 Ich in Beziehung zum Anderen?

Die beiden Fragen unter 2/2 können durchaus genügen zu erkennen, wie unterschiedliche die Stellung des Menschen gesehen wurde. Natürlich ließen sich auch weitere Aussagen aus der Geschichte heranziehen.
Unser Ziel ist es jedoch auch, die Position Jean Pauls unter diesen Stimmen deutlich zu ma-chen. Wir springen deshalb noch ins 20. Jahrhundert, mit einem kurzer Auszug aus der Philo-sophie von Emmanuel Lévinas (1905-1995) Text 4
,

2/4 Der Mensch als „Titan“
Die Zeit, in der Jean Paul gelebt hat, war in besonderer Weise bestimmt vom Stolz des Men-schen, auf das, was er selbst kann, was er geleistet hat – durch Wissenschaft, Forschergeist, Bildung und Ausbildung.
Das Jahrhundert Jean Pauls wird aber nicht zufällig als „Geniezeitalter“, bezeichnet, das den Glauben an die Größe des Menschen in den Mittelpunkt stellt. Mit einem Blick auf die grie-chische Philosophie und ihre Vermittler in der Renaissance, die wahrhaft titanische, ja gott-ähnliche Vorstellungen vom Menschen vertraten, pries man das „Titanische“ der großen Menschen.
So mag es nicht verwundern, dass Jean Paul seinen größten Roman, an dem er mehr als fünf Jahre gearbeitet hat, „Titan“ genannt hat: Er beteiligt sich an der Frage, was ein Titan sei.

Besprechen Sie dazu einige Fragen Text 5

Lesen Sie sodann eine Information über den griechischen Titanenmythos. Text 6
Es ist wohl auch nicht verwunderlich, wenn bis in die Gegenwart das Thema aktuell ist und seine Neuinterpretation in Fantasy-Produktionen erhält. Text 7

Die Kritik an Fantasy-Produkten sieht darin vielfach ein zu schlichtes Weltbild – oder die Handlung spielt überhaupt in einer anderen Welt – und das Übergewicht von Gewalt (als „ac-tion“).
Bei Jean Paul sollten wir uns auf eine Gesellschaft gefasst machen, die zwar an erfundenen Orten lebt, aber weder in einem Fantasien lebt noch unter realen Menschen nicht vorstellbar wäre.
In Text 8 findet sich eine kurze Skizze der Strömungen der Geniezeit, von denen auch Jean Paul nicht unbeeinflusst war.

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95444 Bayreuth

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