» Eine Blattlaus hat mehr Ahnen
   als ein Elephant. «

» Die größten Städte und Genies
sind unregelmäßig gebauet,
voll Sackgassen und Paläste. «

» Bücher sind nur dickere Briefe an Freunde. «

» Nichts ist fataler, als wenn gerade
die letzte Flasche altes Bier schlecht ist. «

» Er ist ein besonderer Freund
       – von Feinden. «

» Entwirf beim Wein,
         exekutiere beim Kaffee. «

» Man verdirbt unter Leuten,
die einen nicht übertreffen. «

» Bei Gott, alle Welt spricht,
und niemand kommt zu Wort. «

» Die Bücher sind die
        stehende Armee der Freiheit. «

» Weiber sprechen lieber von,
          Männer in der Liebe. «

» Die Tat ist die Zunge des Herzens.«

» Auf der Welt ist alles natürlich,
       ausgenommen die Welt selber. «

» Ich merke Namen so wenig,
daß ich oft vor dem Spiegel frage,
wie heißt der darin? «

» Ein Kind sei euch heiliger als die
   Gegenwart, die aus Sachen
     und Erwachsenen besteht. «

» Das Paradies verlieren
und den Paradiesvogel behalten. «

» Was alles Böses gegen das Bier
     bei Philosophen gesagt wird,
         gilt nicht bei mir. «

» Ein Rathhaus gehört zum Hausrath
       einer Stadt. «

» Man kommt leichter zu jedem
     andern als zu sich. «

     » Manches »Gesuchte« wäre es nicht,
        wenn der Verfasser mehr suchte. «

     » Die Poesie ist die Aussicht
aus dem Krankenzimmer des Lebens. «

» Niemand hat weniger Ehrgefühl
      als eine Regierung. «

» Hätte ich keine Bücher zu schreiben: ich wäre der beste Ehemann. «

» Unter Denken eines bösen Gedankens
     auf der Gasse ehrerbietig gegrüßt werden. «

» Die Blumen schlafen,
         aber nicht das Gras. «

» Eine Demokratie ohne ein paar hundert Widersprechkünstler ist undenkbar. «

» Jeden Tag
     mache dich auf viele Wunder gefaßt. «

Vlady Bystrov

3. Preis Sparte Radiophone Klangkunst

Vlady Bystrov, Braunschweig

Rede des toten Christus

Ursendung am 8. Juni 2013, Hessischer Rundfunk, 23.05 Uhr, hr2-kultur

Vlady BystrovVladislav Bystrov absolvierte an der Musikakademie St. Petersburg ein Klassik- und Jazzstudium, das er 1994 mit dem Diplom „Master of Fine Arts“ abschloss. Während des Studiums spielte er im St. Petersburger Konzert-Sinfonie-Orchester Russland, in der Big Band St. Petersburg und im St. Petersburger Saxophone Quartett, mit dem er seit 2004 wieder moderne russische Musik spielt. Nachdem er sich 1994 in Deutschland niedergelassen hatte, machte er mit zahlreichen experimentellen Projekten mit avantgardistischem Einsatz von Elektronik, Video, Tanz und Malerei von sich reden.

In der Saison 1997 bis 1999 war er am Staatstheater Braunschweig im Kinder- und Jugendtheater als Gastmusiker und Komponist engagiert, wo er unter anderem für zwei Produktionen die Musik schrieb. Im Jahr 2000 erhielt er von der Technischen Universität Braunschweig, Fachbereich Musik, einen Lehrauftrag für das Fach Klarinette und Saxophon. Seit 2004 ist er Künstlerischer Leiter der „neuen_nacht“, Internationales Forum für Elektro-Akustische Musik und Medien Kunst. Für sein von ihm entwickeltes Live-Elektronik-Setup wurden zahlreiche Werke komponiert und in Solokonzerten wie „...für einen Musiker und Elektronik“ von ihm uraufgeführt.

Werkkommentar
Für meine Komposition entschied ich mich für Jean Pauls „Die Rede des toten Christus", weil das Werk in meisterhafter Weise die ganze Idee der Religion in ihrer Ambivalenz und Komplexität auszudrücken scheint, einerseits fortschrittlich atheistisch, andererseits reaktionär in seiner Obsession, durch philosophische Gedanken die Welt verändern zu wollen, während gleichzeitig die alten religiösen Herrschaftsprinzipien aufrechterhalten werden.

In gewisser Weise handelt es sich bei dem Stück um eine Symbiose aus der Gedankenwelt Jean Pauls, einer am berühmten Synthi 100 von EMS produzierten elektronischen Komposition und einer von diesen zwei Komponenten direkt beeinflussten Improvisation zweier Solisten: Alexey Lapin am Klavier und mir am Saxophon. Dabei war mir sehr wichtig zu akzeptieren, dass in der Musik Dinge auch ohne irgendeinen Grund geschehen. Das Schwanken zwischen diesen drei Komponenten spiegelt einen Zustand der Verworrenheit. Die Texte Jean Pauls werden gelesen von dem Schauspieler Heinz-Dieter Vonau.

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Jean Paul 2013 e.V.
Wahnfriedstraße 1
95444 Bayreuth

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